Samstag, 23. April 2022

Hades, der Gott des Totenreiches

Hades (römisch Pluto) war der älteste Sohn des Ur-Gottes Kronos und weil dieser fürchtete, von seinen Söhnen entthront zu werden, wurde Hades auch als erster von ihm verschlungen. Dem jüngsten Sohn Zeus gelang es schließlich, seine Geschwister zu befreien. Zehn Jahre lang kämpften die Brüder gegen die Titanen. Erst nach der Befreiung der Kyklopen (Zyklopen) aus dem Tartaros, dem tiefsten Teil der Unterwelt, gelang ihnen mit Hilfe von deren Wunderwaffen der Sieg. Zeus erhielt Donner und Blitz, Poseidon den Dreizack und Hades eine unsichtbar machende Kappe.

Als die Brüder die Welt unter sich aufteilten, losten sie. Zeus erhielt den Himmel, Poseidon das Meer und Hades fiel die Unterwelt, das Totenreich, zu. Freiwillig hätte sich wahrscheinlich kein Gott dafür entschieden! Als Herrscher über die Unterwelt wurde Hades gefürchtet. Es wurde vermieden, seinen Namen direkt auszusprechen, man behalf sich mit Umschreibungen. Dies erinnert an einen bösen Zauberer in einem modernen Märchen. Das Jenseits war für die Menschen der Antike kein Paradies, wo sie Gutes erwarteten, sondern ein trostloses Schattenreich.

Bildnisse zeigen Hades mit ernster Miene, schwarzem Umhang, manchmal verschleiert oder gesichtslos – unter der Tarnkappe verborgen. Zu ihm gehörte Kerberos (Zerberus), der dreiköpfige Höllenhund. Die Unterwelt und er bildeten eine Einheit und deswegen wurde das Totenreich wie er genannt: Hades. Wenn er die Unterwelt verließ, fuhr er auf einer Quadriga, gezogen von schwarzen Pferden, was ich mir wiederum beeindruckend vorstelle. Man ahnt, dass er Schwierigkeiten hatte, eine Frau zu finden. So kam es, dass er Persephone raubte, die Tochter seiner Schwester Demeter. In ihrer Trauer wurde Demeter zur Gefahr für die Menschheit, da sie ihre Gaben versagte und Hungersnöte drohten. Hades wurde von den olympischen Göttern gezwungen, Persephone zumindest für einen Teil des Jahres zurückzugeben. Das ist die antike Mythologie der Jahreszeiten.

Persephone muss ihr Schicksal akzeptiert haben und wurde auch in der Unterwelt heimisch. Bildnisse zeigen sie und Hades gemeinsam auf einem Thron mit Attributen der Fruchtbarkeit, Füllhörnern und Kornähren. Sie soll auch auf Geliebte ihres Gatten eifersüchtig geworden sein und diese mit ihrem Hass verfolgt haben. Hades galt als unerbittlich. Nur Orpheus gelang es, ihn gnädig zu stimmen, und er durfte seine Gattin Euridike aus der Unterwelt zurückholen. Aber das Vorhaben gelang nicht, weil er einen Fehler machte. Auf die Operette „Orpheus in der Unterwelt“ werde ich noch eingehen, wenn ich mich dem Göttervater Zeus widme.

Auch Hades wurden Tempel gebaut, vor allem in den griechischen Kolonien Italiens und Kleinasiens. Man opferte ihm mit abgewandtem Gesicht schwarze Schafe. Als heilige, zu ihm gehörende Pflanzen galten Zypressen, Buchsbaum und Narzissen.

Interessant finde ich, dass Hades im Bartholomäus-Evangelium erwähnt wurde. Er fürchtete sich, als Jesus Christus die Unterwelt betrat, und nicht einmal der Teufel konnte ihm Mut machen. Wie es scheint, wurde die Unterwelt zur christlichen Hölle. Hades kann man jedoch nicht mit dem Teufel gleichsetzen, wobei auch diese Gestalt differenziert betrachtet werden muss.

Samstag, 9. April 2022

Poseidon, der Gott des Meeres

Die Mythologie der Antike war vielgestaltig und kompliziert. Vereinfacht kann man sagen, dass die zwölf bekannten olympischen Götter eine Nachfolgegeneration darstellen. Zuerst regierten Uranos und die Erdmutter Gaia. Ihre Nachkommen waren die Titanen, Zyklopen und Hekatoncheiren, Wesen mit 50 Köpfen und 100 Händen, man kann sagen, allesamt Ungeheuer. Gaia brachte Kronos, einen der Titanen, dazu, seinen Vater Uranos zu entmannen und selbst Herrscher der Welt zu werden. Er entspricht etwa dem römischen Gott Saturnus. Unter ihm begann ein goldenes Zeitalter. Er wurde der Gatte seiner Titanen-Schwester Rhea. Beide hatten sechs gemeinsame Kinder, doch aus Angst, von ihnen entmachtet zu werden, verschlang Kronos fünf von ihnen: Hestia, Hades, Demeter, Hera und Poseidon. Das sechste Kind, Zeus, konnte Rhea in einer Höhle verstecken. Sie überreichte Kronos an seiner Stelle einen in Windeln gewickelten Stein, den dieser verschlang.

Zeus wuchs heran, bis es ihm eines Tages gelang, Kronos zu besiegen. Dieser spuckte erst den Stein und dann die fünf Geschwister aus. Über den Verbleib von Kronos gibt es auch wieder Geschichten. Zeus stellte den Stein in der Kultstätte in Delphi aus. Die drei Götterbrüder Zeus, Hades und Poseidon (bei den Römern Neptun) teilten die Welt unter sich auf. Zeus bekam den Himmel, Hades die Unterwelt und Poseidon das Meer. Poseidon soll Zeus geholfen haben, Kronos und die Titanen zu besiegen. Sein Attribut war der Dreizack. Aus der Dreiteilung der Welt ergibt sich eine gewisse Ebenbürtigkeit der Brüder. Poseidon konnte, ebenso wie Zeus, Blitze schleudern, er konnte für Erd- und Seebeben sorgen. Ebenso wie Zeus zeugte er mit seiner Gattin und zahlreichen Geliebten viele Nachkommen. In der Sage des Trojanischen Krieges stand Poseidon auf der Seite der Griechen, während Zeus neutral war. Bekannt ist er auch als Gott, der dem Odysseus feindlich gesinnt war, weil dieser seinen Sohn, den Zyklopen Polyphem, geblendet hatte.

Mit seiner Gattin Amphitrite, einer Nereide (Seenymphe), mit der er in einem Glaspalast tief unten im Meer lebte, hatte er den Sohn Triton, einen Meeresgott, und die Töchter Rhode und Benthesikyme. Rhode wurde zur Namenspatronin der Insel Rhodos, sie war mit dem Sonnengott Helios verheiratet. Aus den Liebschaften des Poseidon gingen beispielsweise der Riese Orion und der Zyklop Polyphem hervor. Auch das Pferd Pegasus war ein Sohn des Poseidon. Überhaupt war das Pferd ein Geschenk und Attribut des Poseidon. Er fuhr auf einem Gespann von Hippokampen, Pferden mit Fischschwanz, durchs Meer.

Poseidon wurde auch abgelöst: er war vor Apollon Gott des Orakels von Delphi, und er war auch Schutzgott von Attika, ehe die Bewohner der Göttin Athene den Vorzug gaben. Ein berühmter Tempel des Poseidon befindet sich auf Cap Sounion. Man kann sich kaum einen passenderen Ort denken, an dem die Seeleute um den Schutz des Poseidon baten!

Der Sohn des Poseidon, Eumolpos, war ein thrakischer König, der nach Eleusis kam und dort Hohepriester der Demeter wurde. Auf ihn sollen die Eleusinischen Mysterien zurückgehen, in denen Demeter, eine Schwester des Poseidon und des Zeus, verehrt wurde. Mit der Entstehung des Kultes ist aber auch der dritte Bruder Hades verbunden, dem mein nächster Text gilt.