Projektrecherchen über das Römische Imperium und seine Nachbarn, Persönlichkeiten und Gesellschaft
Freitag, 10. Dezember 2021
Die Kommandanten des Alpenfeldzuges 15 v.Chr.
Tiberius Claudius Nero, der spätere Kaiser, war 16 Jahre alt, als er 26-25 v. Chr. im Kantabrischen Krieg seines Stiefvaters Augustus die ersten militärischen Erfahrungen sammelte. Jener Krieg im Nordwesten Spaniens war die einzige militärische Operation, die der Kaiser persönlich leitete. Jener Feldzug konnte jedoch von ihm nicht siegreich beendet werden. Dies gelang erst Agrippa 19 v.Chr.
Auch für damalige Verhältnisse war Tiberius sehr jung für den ersten militärischen Einsatz. Junge Männer galten mit 15, 16 Jahren gerade als volljährig. Ein Adliger trat den Militärdienst normalerweise mit etwa zwanzig Jahren an. Zuvor hatte er üblicherweise das erste zivile Amt bekleidet. Das Militärtribunat dauerte ein Jahr an. Der senatorische Tribun wurde im Stab der Legion an militärische Aufgaben herangeführt. Er unterstützte den Legionskommandanten (im Range eines Generals), hatte seinen eigenen Stab und eigene Verantwortungsbereiche. Er vertrat auch den Legionslegaten. Unterstützt wurde er dabei von erfahrenen Offizieren aus dem Ritterstand und von den Centurionen.
Tiberius muss sich zur Zufriedenheit des Augustus in seinen Aufgaben bewährt haben. Im Jahr 23 v.Chr., im Alter von 19 Jahren, wurde er Quästor. Für dieses Einstiegsamt in die senatorische Karriere galt normalerweise ein Mindestalter von 25 Jahren. Und das erste selbstständige Armeekommando übernahm er 20 v.Chr.: er leitete einen Feldzug gegen Armenien, der damit endete, dass er einem Wunschkandidaten Roms zum armenischen Thron verhalf. Der Einfluss auf Armenien war immer wieder Ursache von Konflikten zwischen Rom und dem Partherreich. Beide Supermächte standen in einem Konkurrenzverhältnis und die Situation eskalierte regelmäßig. Der Feldzug des Tiberius endete mit einem diplomatischen Erfolg: er konnte die Feldzeichen zurückgewinnen, die Rom zuvor bei Niederlagen gegen die Parther verloren hatte. Ein glanzvoller Abschluss für den ersten Feldzug des damals 22jährigen.
26 v.Chr. folgte die Prätur als weitere Station der zivilen Ämterlaufbahn. 16 v.Chr. hielt sich Tiberius im Gefolge von Augustus in Gallien auf und unterstützte ihn darin, die Neuordnung der Provinz vorzubereiten. Im Jahr 15 v.Chr. erklärte Augustus den Krieg gegen die Alpenvölker. Tiberius übernahm das Kommando über eines der beiden Heere und rückte von Gallien aus in die Bodenseeregion vor. Er war zu diesem Zeitpunkt 27 Jahre alt.
Die zweite Heer rückte von Italien aus gegen die Alpenvölker vor. Kommandant war der jüngere Bruder des Tiberius, Nero Claudius Drusus, 23 Jahre alt. Drusus war umgänglicher und beliebter als Tiberius. Verheiratet war er mit Antonia, Tochter der Augustus-Schwester Octavia und des Marcus Antonius. Das Verhältnis zwischen Antonia und ihrem Schwager Tiberius blieb bis ins hohe Alter der beiden gut. Wie herzlich das Verhältnis der beiden Brüder zueinander war, lässt sich kaum beurteilen, aber man kann von absoluter gegenseitiger Loyalität ausgehen.
Jener Feldzug war höchstwahrscheinlich das erste selbstständige Armeekommando des Drusus, dem sicher ein Militärtribunat und ein ziviles Amt vorausgegangen waren. Auch Drusus bewährte sich: dem erfolgreichen Alpenfeldzug folgten weitere bedeutsame Kommandos. 13 v.Chr., im Alter von 25 Jahren, wurde Drusus Statthalter der Provinz Gallien. Dort bereitete er einen Feldzug gegen die Germanen jenseits des Rheins vor, der an der Nordseeküste begann. Er ließ einen Kanal vom Rhein zum Meer anlegen. Im Folgejahr, als er 26jährig Prätor war, führte er Krieg gegen die Sugambrer, die an der Lippe siedelten, und andere Stämme. Drusus gründete zwei Legionslager in Innergermanien und mehrere am Rhein, unter anderem Bonna, das heutige Bonn. 10 v. Chr., 28jährig, führte er Krieg gegen die Chatten, einen bedeutenden germanischen Stamm, der im heutigen Hessen siedelte. Danach kehrte er nach Rom zurück und wurde Konsul. Auch in diesem Amt setzte er den Krieg gegen die Germanen fort.
Drusus erreichte die Elbe ungefähr beim heutigen Magdeburg, wo ein Siegesmonument errichtet wurde. Dort soll ihm der Sage nach eine große, unheimlich wirkende Frau erschienen sein, die ihn warnte und zur Umkehr bewog. Kein römischer Feldherr stieß so weit wie Drusus nach Innergermanien vor.
Die hoffnungsvolle Laufbahn des Drusus endete mit einem Sturz vom Pferd, an dessen Folgen er starb. Er wurde keine 30 Jahre alt. Tiberius eilte aus Italien nach Germanien und überführte den Leichnam seines Bruders nach Rom. Drusus wurde posthum hoch geehrt, unter anderem mit dem Siegernamen Germanicus, den seine Söhne Germanicus und Claudius (der spätere Kaiser) erbten. Das Drusus-Monument (Drusus-Stein) ist heute noch auf der Zitadelle in Mainz erhalten.
Die weitere Laufbahn des Tiberius habe ich schon behandelt. Mein nächster Text wird sich mit dem Feldzug im Jahr 15 v. Chr. beschäftigen.
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