Samstag, 26. März 2022

Demeter, Persephone und die Mysterien von Eleusis

Als Schwester des Hauptgottes Zeus gehörte Demeter (römisch Ceres) zu den älteren der jüngeren griechischen Gottheiten. Sie war, ebenso wie Hestia (Vesta), Hera (Juno), Hades (Pluto), Poseidon (Neptun) und Zeus (Jupiter) eine Tochter des Altgottes Kronos (Saturnus). Dieser wiederum war ein Sohn der Urzeitgötter, der Titanen. Details würden hier zu weit führen. Es ist bekannt, dass Hera und Zeus sowohl Geschwister waren, als auch ein Ehepaar. Zeus und Demeter hatten eine gemeinsame Tochter, Persephone.

Die drei Brüder Hades, Poseidon und Zeus hatten ihre Machtbereiche aufgeteilt: Hades herrschte über die Unterwelt, das Totenreich, Poseidon über das Meer und Zeus, der mächtigste von allen, über Himmel und Erde. Hades wünschte sich eine Frau und raubte Persephone, Demeters Tochter. Persephone wird in der Überlieferung meist nur Kore – Mädchen – genannt. Es geschah, als sie über eine Wiese ging, umgeben von Freundinnen. Man erhält durch diese Geschichte einen Einblick in die damalige Gesellschaft. Junge Frauen im heiratsfähigen Alter befanden sich in Gefahr, sobald sie das Haus verließen. Sie sollten möglichst nicht allein unterwegs sein. Sogar der alltägliche Gang zum Brunnen galt als potentielle Gefahr – und Brunnen als Orte der Kontaktanbahnung, wo Männer die Möglichkeit hatten, die jungen Frauen zu treffen. Im alten Griechenland lebten die jungen Frauen viel zurückgezogener als im alten Rom. Es gab jedoch auch Ausnahmen, auf die ich noch zu sprechen kommen werde.

Als Persephone glücklich auf der Wiese umherging und sich sicher fühlte, da ihre Freundinnen und sogar Göttinnen in der Nähe waren, tat sich die Erde auf und Hades riss sie mit sich. Nur Demeter hörte die Schreie des Mädchens. Die Göttin verhüllte ihr Haupt und machte sie sich auf den Weg, um ihre Tochter zu suchen. Neun Tage lang war sie unterwegs, bis sie Hekate traf, die Göttin der Totenbeschwörung und Wächterin zwischen den Welten. Auch sie hatte Persephones Schreie gehört. Schließlich erfuhr Demeter vom Sonnengott Helios, was geschehen war. Voller Zorn wandte sie sich von den Göttern ab und wanderte weiter als alte Frau durch die Welt, während die Pflanzen aufhörten zu wachsen, die Bäume keine Früchte mehr trugen und die Tiere aufhörten, sich zu vermehren.

Demeter kam nach Eleusis und wurde im Haus des Königs Keleos aufgenommen. Dort verweigerte sie zunächst Speise und Trank, bis eine Magd namens Iambe kam und sie durch Scherze aufheiterte. Demeter kümmert sich sogar zeitweise um den kleinen Prinzen. Die Menschen waren aber dem Untergang geweiht, da auf Grund Demeters Trauer die Ernte ausblieb. Deshalb zwangen die Götter Hades, Persephone zurückzugeben. Bevor sie ihn verließ, gab er ihr den Samen eines Granatapfels zu essen und erreichte damit, dass sie ein Teil der Unterwelt wurde und für ein Drittel des Jahres dort mit ihm leben musste. Die alten Griechen kannten nur drei Jahreszeiten: Frühling, Sommer und Winter. Im Winter also weilte Persephone im Totenreich.

Doch Demeter und Persephone waren überglücklich, für zwei Jahreszeiten wieder miteinander vereint zu sein. In Eleusis wurde zu Ehren von Demeter ein Heiligtum errichtet. Dort feierte man jährlich die Wiederkehr von Kore, den Frühling und die Segnungen von Demeter für die Menschen. Auf dem Festumzug von Athen nach Eleusis wurden anzügliche Scherze ausgerufen wie einst von Iambe, um die Göttin milde zu stimmen. Ins Innere des Heiligtums durften nur diejenigen eindringen, die in den Kult eingeweiht wurden. Bekannte Persönlichkeiten der Antike ließen sich in die Mysterien von Eleusis einweihen, unter anderem die römischen Kaiser Augustus und Hadrian. Da es aber ein geheimer Kult war, sind nicht alle Details darüber bekannt. Es wird vermutet, dass, wie wir heute sagen würden, Drogen konsumiert wurden, eventuell ein mit Mutterkorn versetzter Trank.

Ende des vierten Jahrhunderts wurde der Kult von Eleusis verboten. An der Stelle des Heiligtums wurde eine Kirche errichtet. Die Geschichte von Demeter und Kore ist eine sehr berührende und auch besondere, weist sie doch auf ein früheres Matriarchat hin oder die Idee davon. Der Bezug auf die Jahreszeiten und die damit verbundene Fruchtbarkeit der Natur ist ebenfalls interessant und berührend. Die Geschichte der Muttergöttin, die ihre Tochter verliert und schließlich wieder mit ihr vereint wird – man kann sich vorstellen, dass diese Auferstehungsgeschichte auch das Christentum beeinflusste.

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