Samstag, 19. März 2022

Lysistrata: der Kampf der Frauen um den Frieden

Immer wieder ergeben sich bei meinen Projektrecherchen Parallelen zu aktuellen Themen. Kürzlich war mir ein Buch in die Hände gefallen, das ich längst mal wieder lesen wollte: „Lysistratas Hochzeit“ von Hans José Rehfisch.

Als Kind hatte ich es im Bücherschrank meiner Eltern entdeckt. Sicher habe ich nicht alles verstanden, vor allem nicht das Witzige, Komödiantische darin, aber diese Lektüre war einer von mehreren Auslösern für mein Interesse an der Antike.

Die Geschichte geht auf ein Theaterstück des Aristophanes zurück. Jenes wurde nach zwanzig Jahren des Peleponnesischen Krieges in Athen aufgeführt. Es ist ein pazifistisches Stück; Lysistrata erhielt auch den Beinamen „Die Heeresauflöserin“ Ich habe den Originaltext nicht gelesen und weiß deshalb nicht, wie frei der antike Stoff behandelt wird.

Der Roman, 1959 erschienen, liest sich angenehm flüssig. Die Geschichte wird aus der Perspektive Glaukons erzählt, des Ehemannes der Lysistrata. Er hatte acht Jahre zuvor Athen verlassen müssen, weil er wegen Gottlosigkeit verurteilt worden war. Worauf das Urteil gründete, erfährt man später: als Intellektueller war Glaukon überzeugt, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Tatsächlich gab es bereits in der Antike Vertreter des heliozentrischen Weltbildes. In Ägypten, am Hofe des Pharaos, war Glaukon als Astronom und Astrologe tätig gewesen und mit einem ägyptischen Schiff nach Athen zurückgekehrt. Und gegen den Rat seiner Freunde war er zusammen mit ihnen inkognito in die Stadt zurückgekehrt.

Immer noch inkognito nähert er sich dem Haus, in dem er mit Lysistrata gelebt hat. Er ist erleichtert, dass sie offenbar nicht neu geheiratet hat, sondern als Musiklehrerin arbeitet. Und er wundert sich über die vielen Frauen, die dort aus- und eingehen. Tatsächlich bereiten die Frauen einen Aufstand vor. Athenerinnen, darunter auch Glycera, die die Prostituierten vertritt, aber auch Frauen aus dem Umland treffen sich heimlich mit dem Ziel, die Akropolis zu besetzen. Dadurch, dass sie sich ihren Männern sexuell verweigern, wollen sie den Krieg beenden. Sogar die Spartanerinnen schließen sich dem Aufstand an, ihre Vertreterin Lampito ist die Ehefrau des spartanischen Heerführers.

Glaukon gibt sich seiner Frau zu erkennen und muss, als ihre Amme verkleidet, mit zur Akropolis. Die Übernahme der Burg gelingt problemlos. Der alte Festungskommandant Polemon wird – neben Glaukon – einer der ersten Verbündeten der Frauen. Diese organisieren sich, stellen Wachen auf, die jungen Frauen exerzieren, damit sie nicht auf dumme Gedanken kommen, und empfangen schließlich die ersten Unterhändler der Männer. Ihr Trumpf ist der Staatschatz, der in der Burg liegt, doch bald ist die Enttäuschung groß, denn die Schatzkammer ist leer – die korrupten Ratsherren haben sämtliches Geld verschleudert und sich gegenseitig bereichert, und führen nun obendrein einen Krieg mit leeren Kassen.

Berührend wird erzählt, wie manche der Frauen und Mädchen mit sich ringen müssen, um die Sache durchzuziehen, vor allem, als die Männer aus dem Krieg auf Heimaturlaub kommen. Lysistrata erlebt Momente des Zweifelns, aber der Wille, eine friedliche Welt zu schaffen, macht sie stark. Schließlich verlässt Glaukon mit seinen Seefahrer-Freunden die Burg und sie können weitere Männer in der Stadt, unter anderem auch Soldaten, für die Sache der Frauen gewinnen. Nun müssen die Ratsherren verhandeln – mit Lysistrata. Man muss an dieser Stelle wissen, dass Frauen im alten Griechenland kein volles Bürgerrecht besaßen und keinen Anteil an der Demokratie hatten. Doch ohne sie ging es eben auch damals nicht!

Lysistrata macht ihre Sache gut und die entscheidenden Verhandlungen finden in ihrem Haus statt. Am Ende gibt es ein großes Friedensfest. Glaukon ist voller Bewunderung für seine Frau und fürchtet um seinen Platz an ihrer Seite. Doch sie sagt: „Wir wollen ins Haus gehen …Wasser auf den Herd setzen, ein Bad richten und unser Schlafzimmer wärmen, denn es ist noch April, und die Nächte sind kühl.“ Sind Frauen die besseren, friedfertigeren Menschen? Auch unter Frauen gab und gibt es Kriegstreiber. Doch die Mehrheit der Frauen wusste schon immer, dass Frieden keine Illusion, sondern existenziell notwendig ist.

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