Projektrecherchen über das Römische Imperium und seine Nachbarn, Persönlichkeiten und Gesellschaft
Freitag, 10. Juni 2022
Hephaistos, der Verstoßene
Hephaistos, nicht zu verwechseln mit Hephaistion, dem Geliebten Alexander des Großen, war der Gott des Feuers und der Schmiede. Er lebte in seinen Werkstätten unter den Vulkanen der Insel Limnos. Die Römer meinten, dass ihr Gott Vulcanus, der dem Hephaistos entsprach, seine Werkstatt unter dem Ätna hatte.
Der Sage nach hatte ihn Hera durch jungfräuliche Empfängnis zur Welt gebracht. Weil er schrie und klein und hässlich war, schleuderte sie ihn vom Olymp, und er fiel in den Ozean bei der Insel Limnos, wo er von den beiden Meeresnymphen Thetis und Eurynome gerettet, gepflegt und aufgezogen. Er hinkte, entweder in Folge des Sturzes oder von Geburt an. Die Nymphen brachten ihm die Schmiedekunst bei, und er schmiedete ihnen Schmuck.
Hephaistos schmiedete alles, sowohl Kunst- als auch Gebrauchsgegenstände sowie Rüstungen und Waffen. Als Erwachsener schmiedete er seiner Mutter Hera einen goldnen Thron. Als sie sich darauf setzte, war sie auf einmal gefesselt und niemand und nichts konnte sie befreien. Hephaistos wollte nicht auf den Olymp kommen, um ihr zu helfen, war doch sein Geschenk ein Racheakt. Nun musste eine List helfen: Dionysos (Bacchus) machte Hephaistos betrunken, band ihn auf den Rücken eines Esels und brachte ihn auf den Olymp zurück.
Einer anderen Sage nach war Hephaistos ein Sohn von Zeus und Hera. Als beide sich stritten, nahm er Partei für seine Mutter, worauf Zeus ihn am Fuß packte und vom Olymp schleuderte. Er „landete“ ebenso bei der Insel Limnos und wurde von einem Volk ausgewanderter Thraker gesundgepflegt.
Zur Versöhnung gab Zeus ihm Aphrodite zur Frau. Doch sie betrog ihn immer wieder, unter anderem mit dem Kriegsgott Ares. Doch auch in diesem Fall rächte sich Hephaistos mit Hilfe seiner Kunstfertigkeit. Er schmiedete kunstvolles Netz, das am Ehebett befestigt war. Als Ares und Aphrodite sich darin vergnügten, wurden sie in dem Netz gefangen. Hephaistos rief die anderen Götter herbei und sie lachten die beiden aus. Die Ehe von Hephaistos und Aphrodite war gescheitert, und sie trennten sich.
Zeus wollte ihn auch mit Athena bzw. Athene verheiraten, bei deren Geburt er behilflich gewesen war. Athena war im Kopf des Zeus herangewachsen. Dazu war es gekommen, weil Zeus die Meergöttin Metis, die mit zwei Kindern schwanger war, verschlungen hatte. Er litt unter unerträglichen Kopfschmerzen und befahl Hephaistos, ihm den Schädel zu spalten, und die Göttin Athena sprang in voller Rüstung heraus. Doch auch sie hielt nicht viel von Hephaistos, sondern lief einfach vor ihm weg. Er eilte ihr nach und wollte Sex mit ihr, und der Samen von ihm fiel auf ihren Schenkel. Sie wischte ihn mit einem Stofffetzen weg, der auf die Erde fiel. So wurde ein Held, Erichthonios, von Gaia, der Erde, geboren.
Hephaistos soll Aglaia, eine der drei Grazien, geschwängert haben. Aber er hatte, wie es scheint, kein Glück bei den Frauen.
Sein Ruhm lag in seinen Fähigkeiten. Zyklopen halfen ihm in seiner Schmiede. Er schuf zwei künstliche goldene Dienerinnen, wir würden heute sagen, Roboter – ähnlich wie C3PO aus Star Wars. Er schuf unter anderem das Eingangstor und Hallen auf dem Olymp, baute also das Heim der olympischen Götter. Weitere Werke waren der schon erwähnte Thron für Hera mit verborgener Funktion, das Zepter und Donnerkeile für Zeus, den Wagen des Sonnengottes Helios, die Aigis (Teil der Rüstung) der Athena, den Bogen der Göttin Artemis, Pfeile für Artemis und Apollon, den Zweizack des Hades, den Dreizack des Poseidon, Waffen und Schild des Achilles – im Auftrag dessen Mutter Thetis, die Kette, mit der Prometheus an den Kaukasus geschmiedet wurde, die Rüstung des Ares sowie den Schild des Aeneas im Auftrag der Aphrodite. Im Film „Kampf der Titanen“ aus dem Jahr 1981 lässt Athena von Hephaistos eine künstliche Eule schmieden, die dem Held Perseus zur Seite steht. Zeus hatte sie beauftragt, ihre eigene Eule hinzugeben, aber Athena wollte sich nicht von ihrem „Bubo“ trennen. Der künstliche Bubo war eine große Hilfe und außerdem ein bisschen drollig, was sich im Film gut macht.
Der Kult des Hephaistos begann natürlich auf seiner Heimatinsel Limnos, aber auch in Athen gibt es einen gut erhaltenen Tempel des Schmiedegottes. Dass er wegen seiner Hässlichkeit und eventuell Lahmheit verstoßen wurde, passt gut zur Antike, wo Behinderungen und Krankheiten als Strafen der Götter galten. Aber dennoch oder gerade deswegen entwickelte Hephaistos außergewöhnliche Fähigkeiten und wurde wieder in den Olymp integriert.
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