Samstag, 4. November 2023

Beschaffenheit und Ausrüstung eines antiken Küstenschiffes

Ein Küstensegler, der Passagiere und auch Lasten aufnehmen konnte, würde ungefähr sieben Meter lang und zweieinhalb bis drei Meter breit sein. Damit ist die Größe eher unterdurchschnittlich, aber für unseren Zweck finde ich es ausreichend und nicht zu groß und schwerfällig für unsere Kapitänin. Fest steht allerdings, dass ein Boot dieser Größe schon nicht überall anlanden kann. Es hatte kein Rettungsboot dabei, aber X. konnte in Häfen anlegen, da sie bestimmte Routen befuhr. Über ihre Ziele werde ich noch schreiben. Dort, wo sie gelegentlich ankerte, aber nicht anlegen konnte, hatte sie ein kleines Boot liegen, zum Ausbooten. An Bord hatte sie - sehr wichtig! – Schwimmhilfen, wahrscheinlich Lederschläuche bzw. Kissen, eventuell auch aus Kork. Und das, obwohl Küstenbewohner im antiken Griechenland wahrscheinlich schwimmen konnten.

Bei jeder Ausfahrt würde die Kapitänin hinterlassen, wohin sie fährt und wann mit ihrer Rückkehr zu rechnen ist. Das Boot kann durch Wimpel oder eine kleine Flagge identifiziert werden. Nachtfahrten sind eher unwahrscheinlich, eine Öllampe hat nur Sinn, wenn die Kapitänin sich Feuer beschaffen kann. Etwas Öl ist aber als Schmiermittel an Bord, außerdem Wolle und Harz zum Abdichten. Ganz wichtig sind Schöpfeimer, aber auch ein Trinkwasservorrat und ein Minimum an Proviant, außerdem Verbandszeug bzw. Lappen.

Antike Schiffe hatten in der Regel mehrere Anker an Bord. Sie waren nicht außen am Schiff befestigt, sondern lagen im Laderaum bereit. Üblicherweise lagen sie am Seil, nicht an einer Kette. In unserem Fall waren es mindestens zwei, eher drei. Sie konnten aus Eisen sein, aber auch aus Holz, mit Blei beschlagen. Das Schiff hatte zwei große Ruder am Heck, die hinauf gelassen werden konnten.

Was das Segel angeht, so hat es mich immer wieder verblüfft, dass römische Schiffe nicht nahe am Wind segeln konnten. Aber Küstenschiffe waren da schon etwas weiter. Sie hatten kein Großsegel, sondern ein Spriet- oder sogar Lateinersegel, denn diese Schiffe konnten nicht auf günstigeren Wind warten, die Leute mussten sich anpassen. Im griechischen Raum gab es Lateinersegel schon im ersten vorchristlichen Jahrhundert.

Eine Behelfslatrine befand sich am Heck. Ich kann mir da am ehesten einen Eimer vorstellen, und wie man den Inhalt entsorgte, ist wohl naheliegend. Außerdem waren an Bord: Bootshaken und Stangen, ein Ersatzpaddel, eine Landungsleiter, etwas Werkzeug, das sich im Falle des Falles auch als Waffe gebrauchen ließ (Hammer, Axt), mehrere Messer, Angelzubehör und vielleicht ein Kurzschwert.

Unsere Kapitänin navigierte nach Kenntnis der Gewässer, die sie befuhr, sie orientierte sich an Landmarken, dem Stand der Sonne, dem Flug der Vögel, den Winden und Strömungen, der Farbe des Wassers und der Beschaffenheit der Wellen. Sie hatte auch ein Lot bzw. Senkblei an Bord, für alle Fälle, wenn sie den Meeresboden nicht kannte und herausfinden musste, ob es ein geeigneter Ankerplatz war. Sie beobachtete das Wetter gewissenhaft und drohte ein Wetterumschwung oder Sturm, blieb das Schiff im Hafen. Im Spätherbst oder Winter wurden Schiffe und Ausrüstung repariert. Angeln konnte man wahrscheinlich auch in den Zeiten, wo man nicht zur See fuhr.

Das Schiff war mit eingebrannten Wachsfarben (Enkaustik) bemalt. Die Kapitänin musste stark, sportlich und mit den vorhandenen Werkzeugen und Waffen vertraut sein. Das Mittelmeer war zwar unter römischer Kontrolle und Piraterie wurde bekämpft, aber trotzdem musste die weibliche Hauptperson aufpassen und bereit sein, sich, die Passagiere und ihr Eigentum zu verteidigen.

Literatur:

H.D.L. Viereck: "Die römische Flotte", Nikol Vlgs.-Ges., Hamburg, 1996, ISBN 3-930656-33-7

Chris Dixon, Jeremy K. Spencer: „Meer – das ultimative Handbuch“ Prestel Verlag, München, 2022, ISBN 978-3-7913-8873-1

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