Sonntag, 18. Februar 2024

Piraten in der Antike

Im ersten Jahrhundert v.Chr. war die Piraterie im Mittelmeerraum ein großes Problem geworden. Piraten hatten die Kontrolle über die Handelswege übernommen, schlossen sich zu Verbänden zusammen, waren professionell organisiert mit vermutlich militärischen Strukturen, und sie brachten sogar Häfen und Straßen unter ihre Kontrolle.

Ursprünglich sollen sich Bewohner des rauen Kilikiens, der heutigen Südtürkei, der Piraterie zugewendet haben, aus Armut, weil die gebirgige Region keine ergiebige Landwirtschaft ermöglichte, und die Gegend immer wieder von Kriegen betroffen war. Die Leute kamen einfach auf keinen grünen Zweig und da sie an Land nicht ernten konnten, taten sie es zur See. Außerdem war die Küste mit vielen kleinen Buchten ein guter Unterschlupf.

Im Jahr 78 v.Chr. reiste der junge Caesar nach Rhodos, vermutlich, um die Universität zu besuchen. Sein Schiff wurde von Piraten überfallen und er wurde als Geisel genommen. Die Piraten forderten 20 Talente Lösegeld. Caesar erhöhte die Summe auf 50, da er mehr wert sei. Während er in der Gewalt der Piraten war, spielte er und trieb Sport zusammen mit seinen Kidnappern, er las ihnen sogar Gedichte und Reden vor und beschwerte sich, wenn sie ihn nicht ausreichend bewunderten. Er drohte ihnen auch offen, er werde sie hinrichten lassen. Die Piraten amüsierten sich und hielten ihn für harmlos – was sich als Irrtum herausstellen sollte. Nachdem er wieder frei war, stellte Caesar eine Truppe zusammen und jagte die Piraten. Und als er sie aufgespürt und besiegt hatte, kannte er keine Gnade. Inwieweit diese von Plutarch überlieferte Geschichte nachträglich ausgeschmückt wurde, möglicherweise von Caesar selbst, wissen wir nicht. Caesar befand sich während der 38 Tage aber nicht auf einem Schiff, sondern mit ziemlicher Sicherheit an Land, auf einem Stützpunkt der Seeräuber – vielleicht sogar auf Rhodos oder an der gegenüberliegenden türkischen Küste. Ich halte auch die Insel Symi für einen geeigneten Piratenstützpunkt. In Kilikien wurden Wach- und Signaltürme sowie befestigte Häuser und Siedlungen nachgewiesen, die tatsächlich Piratenstützpunkte hätten sein können. Oder hatten sich die Bewohner vielleicht gegen Angriffe vom Meer gerüstet?

Als die Seeräuber das Mittelmeer kontrollierten, waren längst nicht mehr die Armen treibende Kräfte, sondern auch die Oberschicht beteiligte sich und stellte oft die Anführer. Die Piraten waren eine ernstzunehmende Kraft geworden. Als die Getreideschiffe, die die Stadt Rom beliefern sollten, von Piraten blockiert wurden und eine Hungersnot drohte, musste Rom handeln.

Der Senat beauftragte den damals 35jährigen Gnaeus Pompeius, mit allen verfügbaren Mitteln gegen die Piraten vorzugehen. Pompeius erhielt so viel Macht, dass er mühelos den Staat hätte übernehmen können. Er verfügte über 500 Schiffe, 20 Legionen, 120.000 Soldaten und 5.000 Reiter. Rom hatte sich wie für einen schweren Krieg gerüstet. Pompeius ging sehr geschickt vor. Vorab schon wandte er sich direkt an die Piraten und versprach jedem, der sich ergeben würde, Gnade und ein Stück Land für ein neues Leben. Das ganze Mittelmeer unterteilte er in Sektoren und für jedes dieser Gebiete ernannte er einen Sonderbeauftragten. Im Frühjahr 67 schlug Pompeius los, und zwar umfassend. Schon zu Beginn ergaben sich viele Seeräuber. Der Feldherr jagte die Piraten an der Spitze einer Flotte von 60 Schiffen Richtung Osten. Vor der kilikischen Küste kam es zur Entscheidungsschlacht, und die Piraten kapitulierten. Um die 10.000 wurden hingerichtet, 20.000 Männer wurden gefangen genommen, 400 Schiffe wurden konfisziert, andere wurden zerstört. Besetzt und zerstört wurden auch die Piratenstützpunkte, ungefähr 120! Aber Pompeius hielt Wort: alle, die sich ergeben hatten, wurden begnadigt, erhielten Land, wurden unter seine Klienten aufgenommen und erhielten sogar Militärkommandos. Wie aber hatte sich Pompeius am Anfang des Krieges an die Piraten wenden können? Er hatte Kontakt zum Milieu, anders konnte es nicht sein. Nach seiner Ermordung wurde sein Sohn Sextus Pompeius Machthaber über die Piraten und griff erneut in die Politik ein. Menodoros, einer der von Pompeius begnadigten Männer, diente unter Sextus, kämpfte zeitweise gegen ihn und lief später im Bürgerkrieg zu Octavian über, dem späteren Augustus.

Nach dem Sieg des Pompeius gab es weiterhin Piraten, aber sie agierten eher an den Grenzen und fern von Italien. Die Flotte der Kaiserzeit mit diversen Stützpunkten auch in den Provinzen mag vielerorts für eine gewisse Ordnung gesorgt haben, auch wenn ihre Schiffe nicht überall sein konnten. Als Tiberius nach Rhodos reiste, wurde er nicht von Piraten behelligt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen