Samstag, 2. März 2024

Der Tagesablauf eines reichen Römers

Ich möchte mich in den nächsten Texten mit dem römischen Tafelluxus auseinandersetzen, der – überwiegend zu Unrecht – als Inbegriff der Dekadenz des Roms der Antike gilt.

Die alten Römer, auch die vornehmen, standen in der Regel früh auf. Auch auf seinen Landgütern, schrieb Plinius der Jüngere, wachte er in der ersten Stunde auf, das heißt, zwischen sechs und sieben Uhr. Die alten Römer unterteilten den Tag in zwölf Stunden, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Die Stunden waren – je nach Jahreszeit – unterschiedlich lang.

Gleich nach dem Aufstehen waren gesellschaftliche Pflichten zu erfüllen: man empfing seine Freunde, Geschäftspartner und Klienten im Atrium des Hauses. Die Klienten eines reichen Römers waren dessen Günstlinge und Anhänger. Sie wurden von ihm unterstützt und hatten umgekehrt auch den Herrn zu unterstützen. Auf diese Weise hatte ein Römer immer ein Gefolge in der Öffentlichkeit. Man gab morgendliche Empfänge oder war selbst auf dem Wege zu einem solchen Empfang. Denn auch der Kaiser empfing morgens. Plinius der Jüngere erwähnt, dass die Senatoren bei Trajan immer als entschuldigt galten, wenn sie verhindert waren – der Kaiser machte keinen Zwang daraus. Auf den Landgütern, in der Sommerpause, entfiel jene Pflicht in der Regel. Plinius widmete sich dort in den ersten Tagesstunden durchweg seiner schriftstellerischen Arbeit.

Zur dritten Stunde gab es schon ein leichtes Frühstück, etwas Brot und Käse beispielsweise. Danach war wieder Geschäftszeit; man ging seinem Amt nach, ging aufs Forum, zu Gerichtsverhandlungen, in den Senat. Gegen 12 Uhr aß man zu Mittag, aber auch das war keine Hauptmahlzeit, sondern man behalf sich oft mit Resten vom Vortag. Danach war ein Mittagsschlaf üblich. Es konnte aber Abweichungen geben, wenn dienstliche Verpflichtungen länger dauerten. Plinius redete bei einem wichtigen Prozess fünf Stunden im Senat (den Vorsitz als Konsul führte Kaiser Trajan); nach Plinius redete noch ein Kollege und dann wurde die Sitzung, da es schon Abend war, geschlossen – es ging am nächsten Tag weiter.

Nach dem Mittagsschlaf ging man ins Bad. Die römische Badekultur ist tatsächlich etwas Besonderes und das Bad dauerte länger. Man benutzte Warm- und Kaltwasserbecken, auch ein Dampfbad, und danach waren üblicherweise Körperpflege und ein wenig Sport – Spaziergänge oder Ballspiel – üblich. Das zog sich bis zum Abendessen hin. Gegen 17 Uhr begann die Hauptmahlzeit der Antike, das Abendessen. Und auch das war eine mehrstündige Angelegenheit, der ich mich im nächsten Text widmen werde. Denn es wurde nicht nur gegessen, sondern es gab auch ein Unterhaltungsprogramm, zumindest wurde etwas aus einem Buch vorgelesen.

Da der Tagesablauf den natürlichen Gegebenheiten angepasst wurde, ging man überwiegend zeitig schlafen. Bei Gastmählern wurde dann beleuchtet, mit Öllampen bzw. Kandelabern, und wenn sich an das Gastmahl ein Trinkgelage anschloss, konnte es auch mal später werden. Aber im Normalfall waren die alten Römer weniger dekadent, als allgemein angenommen wird. Und: die Mehrzahl der damaligen Bevölkerung war arm, an der Grenze zur Unterernährung. Das sollte man immer berücksichtigen, wenn man von „Zuständen wie im alten Rom“ spricht.

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