Projektrecherchen über das Römische Imperium und seine Nachbarn, Persönlichkeiten und Gesellschaft
Samstag, 4. Mai 2024
Der Kaiser im Feldlager
Einige römische Kaiser leiteten Kriege und militärische Operationen persönlich. Wie war es da mit dem Tafelluxus? Tiberius, der ein musterhafter Offizier (aber noch nicht Kaiser!) war, setzte Maßstäbe. In Germanien, nachdem Arminius über Varus und dessen Legionen gesiegt hatte, war er Feldherr im Krisenmodus.
Es ist überliefert, dass er oftmals einfach auf dem Erdboden sitzend aß und auf ein Zelt verzichtete. Sein Spitzname beim Heer war Tiberius Caldius Mero, was übersetzt heißt, dass er Glühwein bevorzugte.
Ich würde derartige Überlieferung aber keinesfalls verallgemeinern: Tiberius wird solche Gesten eingesetzt haben, wenn die Verhältnisse günstig waren. Ein Picknick bei gutem Wetter, vor den Augen der Soldaten, wird ihm Sympathien eingebracht haben – die er im zivilen Leben, in Rom, nie hatte. Man muss berücksichtigen, dass Rom damals durch die Niederlage gegen Arminius traumatisiert war. Tiberius gab im Germanien-Feldzug den Befehl, dass sich jeder jederzeit bei Fragen an ihn wenden konnte. Er legte auch Wert auf Beratungen mit seinen Offizieren. Als das römische Heer den Rhein überquerte, kontrollierte er persönlich, dass kein Wagen mit überflüssigen Dingen beladen war. Er war sicher nicht der angenehmste Zeitgenosse, aber in einer solchen Situation tat er das Richtige. Leider war er im zivilen Leben weniger erfolgreich. Sein Neffe Germanicus, der darauf brannte, die Niederlage zu rächen, war der Liebling seiner Zeit. Tiberius hingegen war realistisch, nicht, weil er dem Germanicus keinen Kriegsruhm gönnte, sondern weil er sichergehen wollte, dass sich die Niederlage gegen die Germanen nicht wiederholte.
Als Trajan in den ersten Krieg gegen das Dakerreich aufbrach, wurde das kaiserliche Gepäck im Tross mitgeführt. Wie sehr sich der Kaiser, dessen Bescheidenheit im zivilen Leben gerühmt wurde, im Krieg an die Verhältnisse anpasste, ist nicht überliefert. Aber sein Neffe und Mündel Hadrian soll sich in den Dakerkriegen an den Kaiser angepasst haben, indem er sich an dessen Tafel betrank. Trajan soll ziemlich trinkfest gewesen sein. Es ist naheliegend, dass im Feldlager mit den Offizieren abends gespeist und reichlich gebechert wurde.
Dr. Marcus Junkelmann gibt in „Panis militaris“ (Kapitel 1) ein wunderbares Beispiel, wie ein römischer Kaiser die Soldaten für sich gewann, indem er inmitten von ihnen seine Getreideration mit einer Handmühle mahlte, daraus einen Fladen formte, den er schließlich in einem provisorischen Ofen buk und gemeinsam mit den „Kameraden“ verzehrte. Ein Becher posca – Essigwasser – wird seinen Durst gestillt haben. Nach der offiziellen Mahlzeit mit den Soldaten begab sich der Imperator in sein Zelt, wo sein Koch bereits ein angemessenes Mahl vorbereitet hatte, das ihn für die frugale Kost entschädigte.
Im Partherkrieg sollen sogar Austern an die Front und an Kaiser Trajan geliefert worden sein. Sie wurden dazu mit der gewölbten Seite nach unten in Fässern gestapelt, wo sie sich wieder schlossen und eine Weile ohne Wasser überlebten. Die Fässer waren mit Essig ausgewaschen, was die Haltbarkeit erhöhte. Trotzdem hört sich das für mich nach einem gewissen Risiko an.
Von Hadrian ist bekannt, dass er sich wie ein Sohn Trajans verhielt. Er lebte mit den Soldaten, nahm an ihren Waffenübungen teil und bevorzugte einfache Speisen. Als Kaiser bereiste er das ganze Imperium und es ist naheliegend, dass er oft unterwegs vorzüglich bewirtet wurde (dafür waren die Städte, die ein Kaiser bereiste, verantwortlich), aber dass er gelegentlich auch improvisieren und Abstriche beim Luxus machen musste – was ihm wahrscheinlich nicht allzu schwerfiel, zumal er sich für verschiedene philosophische Lehren interessierte, die sich für Enthaltsamkeit aussprachen. Das aber war schon typisch für die sogenannte „Hohe“ Kaiserzeit“: das Bewusstsein für Krisen, für Leid und Verzicht und damit verbundene Erlösungskulte wie die Mysterien von Eleusis und, genaugenommen, auch für das Christentum, allerdings noch abseits der Mode-Religionen der römischen Aristokratie.
Literatur:
Marcus Junkelmann: „Panis Militaris“, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1997, ISBN 3-8053-2332-8.
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